0. Meditation und Einleitung

Erbarme dich,
Mein Gott, um meiner Zähren willen!
Schaue hier,
Herz und Auge weint vor dir
Bitterlich.

(Johann Sebastian Bach, Matthäus Passion, BWV 244, Petri Verleugnung, Alt-Arie)


Falls Sie Gelegenheit dazu haben, hören Sie sich diese Arie von Johann Sebastian Bach an1). Ich weiß nicht, ob es eine bessere Möglichkeit gibt, meine Empfindungen bei der Auseinandersetzung mit der Neuapostolischen Kirche auszudrücken.

In jener Nacht, in der Jesu Leidenszeit beginnt, muss Petrus feststellen, dass seine Welt untergeht. Der Meister wird durch einen seiner Jünger verraten, alle Hoffnungen sind plötzlich zerstört. Jesus wirkt keine Wunder mehr; ist er etwa lebensmüde? Angesichts dieser Situation verwundert es nicht, dass Petrus sagt: „Ich kenne diesen Menschen nicht." Er kennt diesen Jesus, der sonst immer jede Situation souverän gemeistert hat, wirklich nicht mehr. Erst als der Hahn kräht und sich erfüllt, was Jesus vorhergesagt hat, löst sich etwas in ihm: er weint bitterlich. In dieser Verzweiflung, in diesem Leiden, ist jedoch bereits die unbegreifliche Gnade Gottes, die Tränen auffängt, die trägt und tröstet.

Ich sehe mich, was meine Empfindungen angeht, in einer ähnlichen Lage. Meine Kirche, in die ich hineingeboren wurde, ist mir fremd geworden. Das könnte schon ein Grund sein, zu weinen und zu verzweifeln. Dennoch fühle ich mich getragen von der Liebe Gottes, ganz unvermittelt.

Dieses Buch ist nun der vorläufige Höhepunkt meiner Auseinandersetzung mit der Neuapostolischen Kirche und dokumentiert ein Stück persönlicher Entwicklung. Es ist aber vor allem der Versuch, Vorbehalte gegenüber Glaubenskritik abzubauen und den Weg zu einem Glauben zu bereiten, der vor dem kritischen Verstand bestehen kann (vergl. dazu auch Eph 5,10, 1 Thess 5,21). Schließlich sehe ich es auch als Opfer: Es ist etwas, das ich zwar mit der Hoffnung, aber ohne Anspruch auf eine Gegenleistung gebe - für Gott und für meine Glaubensgeschwister. Ich möchte damit als ein „Zeuge der Wahrheit“ denen helfen, „die noch in Unwissenheit und Irrtum stehen“2), was eine notwendige Kritik der NAK und ihrer Theologie betrifft.

Nach dieser zugegebenermaßen etwas pathetischen Einleitung geht es nun eher pragmatisch weiter.

Weiter: Zielgruppe und Anliegen

Übersicht

2)
Vergl. Fragen und Antworten über den neuapostolischen Glauben (F&A), 1992, Nr. 187.
einleitung.txt · Zuletzt geändert: 2014/12/28 01:40 von 127.0.0.1
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